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§ 14

Aufgaben der Ausschüsse

(1) Die Ausschüsse werden im Rahmen der ihnen vom Landtag erteilten Aufträge tätig. Sie können sich auch unabhängig von Aufträgen mit Angelegenheiten aus ihrem Aufgabengebiet befassen und hierzu dem Landtag Empfehlungen geben.

(2) Wird eine Vorlage oder ein Antrag zugleich mehreren Ausschüssen überwiesen, so ist ein Ausschuß als federführend zu bestimmen. Die beteiligten Ausschüsse beraten getrennt und teilen das Ergebnis ihrer Beratungen dem federführenden Ausschuß mit. Der federführende Ausschuß kann gemeinsame Beratungen anberaumen.

(3) Die Ausschüsse sind zu baldiger Erledigung der ihnen erteilten Aufträge verpflichtet. Sie haben im Rahmen der ihnen erteilten Aufträge die Pflicht, dem Landtag bestimmte Beschlüsse zu empfehlen. Die Pflicht entfällt, wenn eine Ausschußüberweisung zur abschließenden Beratung erfolgt ist.

Kommentar

1. Allgemeines

Die Bildung von Ausschüssen ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechts des Parlaments auf Selbstorganisation. Aufgabe der Ausschüsse ist es gemäß Artikel 23 Abs. 1 und 2 LV, die Verhandlungen und Beschlüsse des Landtags vorzubereiten und ihm hierzu Empfehlungen zu geben. Deshalb sind die Ausschüsse keine selbständigen Verfassungsorgane, sondern interne Hilfseinrichtungen des Landtags (vgl. Platthoff, in: Becker/Brüning/Ewer/Schliesky, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2021, Artikel 23 RN 19 m. w. N.).

2. Aufgaben der Ausschüsse (Absatz 1)

2.1  Grundsätzlich werden die Ausschüsse im Rahmen der ihnen vom Landtag erteilten Aufträge tätig. Sie können sich jedoch nach Artikel 23 Abs. 2 LV und Absatz 1 Satz 2 auch unabhängig von Aufträgen mit Angelegenheiten aus ihrem Aufgabengebiet befassen und hierzu dem Landtag Empfehlungen geben (Selbstbefassungsrecht).

In bestimmten Fällen ist eine Ausschussberatung vor der endgültigen Beschlussfassung des Plenums zwingend vorgeschrieben. So müssen alle Haushalts- und Finanzvorlagen dem zuständigen Ausschuss überwiesen werden (§ 26 Abs. 1). Über Grundsatzfragen bei der Auslegung der Geschäftsordnung kann nur der Landtag und dieser auch erst nach Prüfung durch den für Geschäftsordnungsfragen zuständigen Ausschuss beschließen (§ 74 Abs. 2).

Einige Gegenstände werden durch die Präsidentin oder den Präsidenten unmittelbar dem zuständigen Ausschuss überwiesen. Das gilt für bestimmte Anfragen des Finanzministeriums (§ 26 Abs. 2), Nachtragshaushaltsvorlagen (§ 29 Abs. 2), Petitionen (§ 41 Abs. 1), Anheimgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Stellungnahme (§ 43 Abs. 1) und für Ersuchen in Immunitätsangelegenheiten (§ 44). Im Übrigen können Anträge im Benehmen mit dem Ältestenrat ohne Behandlung im Plenum von der Präsidentin oder dem Präsidenten unmittelbar an den zuständigen Ausschuss überwiesen werden, wenn es sich nicht um Gesetzentwürfe oder Haushaltsvorlagen handelt (§ 31 Abs. 5). Letzterer Möglichkeit kommt in der Praxis des Landtags allerdings keine Bedeutung zu.

Ohne dass dies in der Geschäftsordnung ausdrücklich geregelt wäre, hat sich in der Praxis die Notwendigkeit ergeben, dass die Präsidentin oder der Präsident von der Regierung gemäß § 10 Abs. 4 LHO vorgelegte Entwürfe unmittelbar den zuständigen Ausschüssen und mitberatend dem Finanzausschuss überweist, um eine zeitgerechte Behandlung zu ermöglichen (vgl. dazu die Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung vom 27. Mai 1991 betreffend „Behandlung von Vorlagen der Landesregierung nach den Gesetzen über die Gemeinschaftsaufgaben (§ 10 Abs. 4 LHO)“).

2.2  Die Ausschüsse besitzen zwar das Selbstbefassungsrecht. Daraus folgt jedoch nicht, dass sie das Recht zur Gesetzesinitiative (vgl. Artikel 44 Abs. 1 LV) oder die Befugnis hätten, Beschlüsse mit Außenwirkung zu fassen, zum Beispiel Bitten oder Empfehlungen an Kreise oder kreisfreie Städte zu richten.

Die Ausschüsse des Schleswig-Holsteinischen Landtags sind wie die Ausschüsse des Deutschen Bundestags „vorbereitende Beschlussorgane“, deren Wirkungsbereich daher, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, parlamentsintern ist. Die Landtagsausschüsse können daher ohne gesetzliche Ermächtigung keine Tätigkeit mit Außenwirkung entfalten. Entsprechende Ermächtigungen enthalten zum Beispiel Artikel 29 Abs. 2 und Artikel 27 Abs. 1 LV. Für den Petitionsausschuss enthält Artikel 25 Abs. 2 LV spezielle Ermächtigungen. Darüber hinaus hat sich für den Petitionsausschuss gewohnheitsrechtlich die Übung herausgebildet, dass er sich direkt mit Empfehlungen an die Landesregierung, die Behörden des Landes und die Träger der öffentlichen Verwaltung, soweit sie oder ihre Behörden der Aufsicht des Landes unterstehen, wendet. Allerdings erstattet der Petitionsausschuss gem. § 41 Abs. 5 zur Bestätigung der Erledigung der Eingaben dem Landtag vierteljährlich Bericht. Die Bestätigung durch den Landtag gilt als erteilt, wenn zu diesem Bericht keine Anträge gestellt werden.

Mit dem Ablauf einer Wahlperiode sind alle den Ausschüssen vom Parlament erteilten Aufträge erledigt (materielle Diskontinuität). Das gilt auch für Gegenstände, die als solche nicht der Diskontinuität unterliegen. Diese brauchen zwar nicht erneut beim Parlament eingebracht zu werden, im neu gewählten Parlament bedarf es jedoch einer erneuten Zuweisung an die Ausschüsse. Dieses folgt aus dem Selbstorganisationsrecht eines jeden neuen Landtags. Eine Ausnahme gilt für Petitionen (vgl. § 77 Satz 2).

3. Beteiligung mehrerer Ausschüsse (Absatz 2)

Die Beteiligung mehrerer Ausschüsse gemäß Absatz 2 ist zumindest bei wichtigen Gegenständen, insbesondere Gesetzentwürfen, nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Der federführende Ausschuss hat Vorschläge der beratenden Ausschüsse in seine Beratungen einzubeziehen. Man wird dem federführenden Ausschuss das Recht einräumen müssen – wie es auch der parlamentarischen Praxis entspricht –, bei einer Verzögerung der Beratung eines Gegenstandes durch einen der mitberatenden Ausschüsse auch ohne dessen Votum zu entscheiden. Das folgt aus der Pflicht der Ausschüsse zu baldiger Erledigung der ihnen erteilten Aufträge. Gegebenenfalls kann das nachträglich abgegebene Votum eines mitberatenden Ausschusses bei der mündlichen Berichterstattung im Plenum ebenfalls vorgetragen werden.

4. Erledigung der Aufträge (Absatz 3)

4.1  Die Pflicht der Ausschüsse zur alsbaldigen Erledigung der ihnen erteilten Aufträge, wie sie in Absatz 3 Satz 1 festgelegt ist, ist eine Rechtspflicht. Das Bundesverfassungsgericht hat das „Begraben“ eines Antrags durch illoyale oder unsachgemäße Behandlung im Ausschuss als „verfassungswidriges Gebaren“ bezeichnet (BVerfGE 1, 114, 155; s. auch BVerfGE 145, 348, Rn. 35 ff.). Wegen der Möglichkeit des Plenums, eine einem Ausschuss überwiesene Angelegenheit wieder an sich zu ziehen, wird auf Erl. 4 zu § 26 verwiesen.

Die Ausschüsse haben im Rahmen der ihnen erteilten Aufträge die Pflicht, dem Landtag Empfehlungen zu unterbreiten (Absatz 3 Satz 2). In Ausübung ihres Selbstbefassungsrechts aus Absatz 1 Satz 2 können sie jedoch dem Landtag auch weitergehende Empfehlungen erteilen.

4.2  Angelegenheiten werden den Ausschüssen üblicherweise zur Vorbereitung der Beschlussfassung des Landtags überwiesen. Ausnahmsweise kann eine Überweisung auch zur abschließenden Erledigung durch den Ausschuss erfolgen (vgl. Absatz 3 Satz 3). Dies muss der Überweisungsbeschluss jedoch, wenn nicht schon aus seinem Wortlaut, so doch deutlich aus dem Zusammenhang erkennen lassen.

Eine Überweisung zur abschließenden Erledigung an einen Ausschuss ist ausgeschlossen, wenn die Entscheidung durch die Landesverfassung oder durch ein Gesetz dem Parlament zugewiesen ist. Im Wesentlichen trifft das auf zwei Fallgruppen zu:

a) Gesetzentwürfe und Anträge von Abgeordneten dürfen nicht zur abschließenden Beratung an einen Ausschuss überwiesen werden.

Nach Artikel 17 Abs. 2 LV haben die Abgeordneten das Recht, im Landtag Anträge zu stellen. Insbesondere sind einzelne oder mehrere Abgeordnete neben der Landesregierung berechtigt, Gesetzentwürfe einzubringen (Artikel 44 Abs. 1 LV). Adressat einer solchen Initiative ist der Landtag als oberstes Organ der politischen Willensbildung (Artikel 16 Abs. 1 Satz 1 LV), insbesondere als über die Gesetze beschließendes Organ (Artikel 44 Abs. 2 LV). Endziel der Initiativen ist ein Landtagsbeschluss. Dieses bringt § 31 Abs. 1 zum Ausdruck, wenn für die Form eines Antrages vorgeschrieben wird: „Anträge sollen mit den Worten beginnen ‘Der Landtag wolle beschließen’ und so abgefaßt sein, daß sich klar erkennen läßt, wie der von der Antragstellerin oder dem Antragsteller erstrebte Landtagsbeschluß lauten soll.“ Ausschüsse sind, ungeachtet ihrer durch die Landesverfassung gestärkten Stellung, Hilfseinrichtungen des Landtags. Bei der Novellierung der Landesverfassung ist von der Einführung beschließender Ausschüsse, die insoweit anstelle des Plenums entscheiden, abgesehen worden (Bericht und Beschlussempfehlung des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform, LT-Drs. 12/630, S. 90). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet lediglich § 26 Abs. 2.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in einer Entscheidung vom 6. März 1952, bezogen auf das Gesetzesinitiativrecht, ausgeführt, dass das Plenum des Bundestags das Organ der Gesetzgebung und Adressat der Initiative sei. „Daher ist das Initiativrecht erst dann voll zum Zuge gekommen, wenn das Plenum über die Vorlage beraten und – durch Annahme oder Ablehnung – Beschluß gefaßt hat“ (BVerfGE 1, 144, 154). Dieser Grundsatz findet jedoch nicht nur auf Gesetzentwürfe, sondern auf alle Anträge der Abgeordneten, zumindest soweit es sich um in der Verfassung verankerte Antragsrechte handelt, Anwendung (vgl. Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 97 GO-BT, RN 9).

b) Gleiches gilt für Vorlagen, über die zu beschließen der Landtag aufgrund einfachen Gesetzes verpflichtet ist. Ein Beispiel ist die nach § 42 Abs. 3 LHO erforderliche Zustimmung des Landtags zu konjunkturpolitisch bedingten Ausgaben.

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 28. Dezember 2022

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