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§ 26

Ausschußüberweisung

(1) Haushaltsvorlagen sowie andere Vorlagen und Anträge, die geeignet sind, auf die öffentlichen Finanzen erheblich einzuwirken, müssen dem Finanzausschuß überwiesen werden.

(2) Anfragen des Finanzministeriums, ob zur Vermeidung überplanmäßiger oder außerplanmäßiger Ausgaben vom Landtag rechtzeitig ein Nachtragshaushalt verabschiedet werden kann, überweist die Präsidentin oder der Präsident unmittelbar dem Finanzausschuß. Dieser kann abschließend darüber entscheiden. Der abschließend entscheidende Beschluß des Ausschusses gilt als Beschluß des Landtages im Sinne von § 73. Wird die Anfrage innerhalb von zwei Wochen nicht zustimmend beantwortet, gilt sie als verneint.

(3) Vorlagen, Anträge und Anfragen, die eigene Angelegenheiten des Landesrechnungshofs betreffen, überweist die Präsidentin oder der Präsident unmittelbar dem zuständigen Ausschuß.

(4) Sonstige Vorlagen und Anträge können jederzeit einem Ausschuß oder mehreren Ausschüssen überwiesen oder an sie zurückverwiesen werden, solange nicht die Schlußabstimmung erfolgt ist. Hat das Plenum keine Entscheidung über die Federführung getroffen, so wird der federführende Ausschuß durch die Präsidentin oder den Präsidenten bestimmt.

Kommentar

1. Obligatorische Ausschussüberweisung (Absatz 1)

Eine Ausschussüberweisung ist lediglich für Haushaltsvorlagen sowie andere Vorlagen und Anträge vorgeschrieben, die geeignet sind, auf die öffentlichen Finanzen erheblich einzuwirken. Haushaltsvorlagen sind der Haushaltsplan selbst sowie alle sonstigen den Haushalt betreffenden Vorlagen und Anträge. Bei den Vorlagen, die geeignet sind, auf die öffentlichen Finanzen erheblich einzuwirken, handelt es sich um die sog. Finanzvorlagen. Von der obligatorischen Ausschussüberweisung sind im Umkehrschluss solche Vorlagen und Anträge ausgenommen, die auf die öffentlichen Finanzen nur unerheblich einwirken.

Die aufgeführten Vorlagen müssen dem Finanzausschuss überwiesen werden; eine Überweisung in andere Ausschüsse zur Mitberatung ist nicht ausgeschlossen.

Die Ausschussüberweisung von sonstigen Gesetzentwürfen und über den Bereich des Landes hinausgehenden Vereinbarungen, die nach § 24 einer zweiten Lesung bedürfen, ist zwar üblich, aber nicht zwingend erforderlich (vgl. hierzu Absatz 4).

2. Anfragen der Finanzministerin oder des Finanzministers (Absatz 2)

Absatz 2 regelt das Verfahren für die Behandlung von Anfragen der Finanzministerin oder des Finanzministers an den Landtag vor der Zustimmung zu überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben nach Artikel 60 Abs. 1 LV i. V. m. § 37 LHO. Die Vorschrift ist durch die achte Änderung der Geschäftsordnung vom 7. März 1978 in die Geschäftsordnung eingefügt worden und geht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Mai 1977 (BVerfGE 45, 1 ff.) zum Verhältnis zwischen dem Haushaltsbewilligungsrecht des Bundestages und der Notkompetenz des Bundesfinanzministers zur Bewilligung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Ausgaben zurück. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass vor Gebrauch der Notkompetenz durch den Finanzminister eine Prüfung erfolgen müsse, ob nach der Sachlage im Einzelfall eine Bewilligung der Ausgaben durch den Gesetzgeber in Form eines Nachtragshaushalts möglich sei. Ergäben sich in dieser Hinsicht Zweifel, so sei der Finanzminister gehalten, an das Parlament mit der Frage heranzutreten, ob es sich in der Lage sehe, im Hinblick auf die zeitliche Dringlichkeit des Bedürfnisses rechtzeitig eine Bewilligung in der Form eines Nachtragshaushalts zu erteilen. Erst nach dieser Konsultation sei der Weg für die Ausübung der Notkompetenz frei.

Um die demnach erforderliche Konsultation des Landtags zu beschleunigen, sieht Absatz 2 die Überweisung der Anfrage der Finanzministerin oder des Finanzministers durch die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten unmittelbar an den Finanzausschuss vor. Dieser kann abschließend entscheiden. Im Falle der abschließenden Entscheidung durch den Ausschuss gilt dessen Beschluss als Beschluss des Landtags. Eine Beschlussfassung im Rahmen einer Videokonferenz kommt daher nicht in Betracht (vgl. § 17 b Abs. 2 Satz 3).

Die insoweit dem Finanzausschuss eingeräumte Befugnis, für den Landtag zu beschließen, bildet eine Ausnahme von der grundsätzlich Landtagsentscheidungen vorbereitenden Natur der Ausschussberatungen (vgl. Hübner, in: v. Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung, 1995, Art. 17 Rn. 10). Die Ausnahmeregelung begegnet keinen Bedenken, weil es sich zum einen um Eilfälle, in denen eine Plenarentscheidung zu spät kommen würde, zum anderen materiell lediglich um eine Information der Finanzministerin oder des Finanzministers über die Möglichkeit der rechtzeitigen Verabschiedung eines Nachtragshaushalts handelt. Im Übrigen ist nicht ausgeschlossen, dass der Ausschuss dem Plenum eine Empfehlung zur Entscheidung vorlegt, falls der Landtag innerhalb der in Absatz 2 Satz 4 gesetzten Zwei-Wochen-Frist zusammentritt. Der Beschluss wird gemäß § 73 von der Präsidentin oder dem Präsidenten ausgefertigt und der Landesregierung zugestellt. Der Beschleunigung des Verfahrens dient die Fiktion, dass die Anfrage als negativ beantwortet gilt, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen ein positives Votum abgegeben wird.

3. Vorlagen des Landesrechnungshofs (Absatz 3)

Eine unmittelbare Überweisung an den zuständigen Ausschuss durch die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten sieht Absatz 4 für Vorlagen, Anträge und Anfragen, die „eigene Angelegenheiten“ des Landesrechnungshofs betreffen, vor. Es handelt sich hierbei um Angelegenheiten des Landesrechnungshofs, die ihn in seiner Eigenschaft als oberste Landesbehörde betreffen, nicht um Prüfungsangelegenheiten. Zuständiger Ausschuss ist in der Regel der Finanzausschuss.

4. Überweisung sonstiger Vorlagen (Absatz 4)

Über die nach Absatz 1 bis 3 dem Finanzausschuss durch das Landtagsplenum oder unmittelbar durch die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten obligatorisch zu überweisenden Vorlagen und Anträge hinaus kann der Landtag sonstige Vorlagen und Anträge jederzeit vor der Schlussabstimmung einem Ausschuss oder mehreren Ausschüssen zur Vorbereitung seiner weiteren Beratung und seiner Beschlüsse überweisen. Eine Ausschussüberweisung kommt insoweit insbesondere für Gesetzentwürfe und über den Bereich des Landes hinausgehenden Vereinbarungen, die in zwei Lesungen zu behandeln sind (§ 24 Abs. 1), sowie für sog. Entschließungsanträge infrage. Ausnahmsweise kann eine Überweisung bestimmter Angelegenheiten auch zur abschließenden Erledigung durch einen Ausschuss erfolgen (vgl. § 14 Erl. 2.3).

Der Antrag auf Ausschussüberweisung ist ein Geschäftsordnungsantrag. Er kann von jeder Abgeordneten und jedem Abgeordneten jederzeit vor der Schlussabstimmung gestellt werden (Absatz 4 Satz 1). Die Überweisung eines Antrages oder einer Vorlage muss demnach nicht am Ende der ersten Beratung erfolgen. Sie kann auch im Rahmen einer zweiten Beratung gegebenenfalls im Zusammenhang mit einem Beschluss über die Durchführung einer dritten Lesung beschlossen werden. Ein Antrag oder eine Vorlage, zu der ein Ausschuss bereits eine Beschlussempfehlung vorgelegt hat, kann auch zur erneuten Beratung an die Ausschüsse zurückverwiesen werden (vgl. bspw. Beratungsvorgang der Drucksache 20/129). Über einen Antrag auf Ausschussüberweisung wird nach Schluss der Aussprache abgestimmt.

Das Landtagsplenum kann an die Überweisung Auflagen hinsichtlich des Verfahrens knüpfen, insbesondere können den Ausschüssen Fristen für die Abgabe des Berichts und der Beschlussempfehlung gesetzt, die Vorlage eines Zwischenberichts oder die Durchführung einer öffentlichen Anhörung aufgetragen werden. Im Übrigen sind die Ausschüsse jedoch in der Durchführung ihrer Beratungen frei. Insbesondere sind Weisungen des Plenums in Bezug auf das Ergebnis der Beratungen insgesamt und in Einzelfragen unzulässig, da durch sie die Beratungsfreiheit der Ausschüsse berührt wäre (Ausschussautonomie).

Vom Landtag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung eines Gegenstandes gefasste Beschlüsse sind nicht unverrückbar, sondern stehen, falls nicht ausnahmsweise ausdrückliche Vorschriften entgegenstehen, jederzeit zu seiner Disposition. Der Landtag kann solche Beschlüsse ändern oder aufheben; er könnte daher eine ursprünglich ohne Auflagen vorgenommene Ausschussüberweisung durch einen späteren Beschluss zum Verfahren ergänzen. Da bei Gesetzentwürfen eine Ausschussüberweisung nicht zwingend vorgesehen ist, könnte der Landtag einen ursprünglich gefassten Beschluss über die Ausschussüberweisung eines Gesetzentwurfs nachträglich aufheben und beschließen, die zweite Lesung durchzuführen, ohne dass dazu ein Bericht und eine Beschlussempfehlung des Ausschusses vorliegen würden.

Absatz 4 Satz 2 ermächtigt die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten, bei Überweisung einer Vorlage oder eines Antrags an mehrere Ausschüsse den federführenden Ausschuss zu bestimmen, wenn das Plenum keine Entscheidung über die Federführung getroffen hat.

5. Behandlung der Vorlagen nach den Gesetzen über die Gemeinschaftsaufgaben

5.1  Bis zur Föderalismusreform des Jahres 2006 kam den Gemeinschaftsaufgaben nach Artikel 91a GG ein wesentlich größeres Gewicht zu, als dies gegenwärtig der Fall ist. Damals wurde das Verfahren zur Behandlung von Vorlagen der Landesregierung nach den Gesetzen über die Gemeinschaftsaufgaben durch eine Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung geregelt (siehe Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung über die Behandlung von Vorlagen der Landesregierung nach den Gesetzen über die Gemeinschaftsaufgaben vom 27. Mai 1991 in: Handbuch des Schleswig-Holsteinischen Landtages, 14. WP Nr. 3/5). Nach dieser Vereinbarung war wie folgt zu verfahren:

„1.  Die Landesregierung legt die Vorlagen grundsätzlich so rechtzeitig vor, daß vor deren abschließender Behandlung im Plenum eine Ausschußberatung stattfinden kann. Die Präsidentin oder der Präsident überweist eingehende Vorlagen unmittelbar an den zuständigen Ausschuß und mitberatend an den Finanzausschuß. Die Berichte der Ausschüsse werden auf die Tagesordnung der nächstfolgenden Plenartagung gesetzt.

2. Ist der Landesregierung aus besonderen Gründen eine zeitgerechte Vorlage im Sinne der Nr. 1 nicht möglich, setzt die Präsidentin oder der Präsident eingehende Vorlagen auf die Tagesordnung der nächsten Plenartagung zur Beratung und Überweisung an den zuständigen Ausschuß sowie mitberatend an den Finanzausschuß. Die Ausschüsse beraten die Vorlagen abschließend. Das Ergebnis der Beratung teilt die Präsidentin oder der Präsident der Landesregierung unmittelbar mit.

3. Empfiehlt der Landtag in den Fällen der Nr. 1 oder empfehlen die zuständigen Ausschüsse in den Fällen der Nr. 2 die Änderung einer Vorlage, so unterrichtet die Landesregierung die Präsidentin oder den Präsidenten des Landtages, inwieweit sie der Empfehlung gefolgt ist und was sie gegebenenfalls veranlaßt hat.

4. Auf eine nicht durch Empfehlungen im Sinne der Nr. 3 veranlaßte Änderung von Vorlagen durch die Landesregierung nach Beratung im Landtag findet das Verfahren nach Nr. 1 und Nr. 2 entsprechende Anwendung.“

5.2  Dieser Vereinbarung kommt aufgrund der gewandelten Bedeutung der Gemeinschaftsaufgaben keine grundlegende Bedeutung mehr zu.

Weiterhin kommt aber eine einmalige Behandlung im Plenum mit voran- oder nachgehender Beratung in den zuständigen Ausschüssen für die Vorlagen der Landesregierung nach den Gesetzen über die Gemeinschaftsaufgaben in Betracht. Diese Vorlagen, die nach Artikel 28 Abs. 1 LV i. V. m. § 10 Abs. 4 LHO der Unterrichtung des Landtags über die Anmeldungen der Landesregierung zu den Gemeinschaftsaufgaben nach Artikel 91a GG dienen, werden je nach dem Zeitpunkt der Vorlage durch die Landesregierung entweder von der Landtagspräsidentin oder dem Landtagspräsidenten auf die Tagesordnung der nächsten Plenartagung zur Beratung und Überweisung an die Ausschüsse gesetzt (vgl. bspw. Drs. 19/3403) oder aber unmittelbar an die Ausschüsse überwiesen, die ihrerseits dem Plenum berichten. Im ersten Fall behandeln die Ausschüsse die Vorlage abschließend, im zweiten Fall wird die Vorlage vom Plenum abschließend beraten. Der zweiten Variante kommt in der aktuellen Praxis des Landtages keine Bedeutung mehr zu. Zudem entspricht es nicht mehr den Üblichkeiten, den Finanzausschuss zwingend in die Beratungen einzubeziehen.

Eine Berichterstattung der Landesregierung direkt im zuständigen Fachausschuss ist dabei nicht ausgeschlossen. Ferner kann die Landtagspräsidentin oder der Landtagspräsident in dem Fall, dass die Landesregierung die Anmeldung zu den Rahmenplänen zu einem Zeitpunkt vorlegt, zu dem das Landtagsplenum aus Termingründen in keinem Fall mit der Vorlage befasst werden kann, dem zuständigen Ausschuss zur abschließenden Beratung und Entscheidung zuleiten.

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 29. Dezember 2022

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